Welche Kräfte muss eine Jurte aushalten? Welche Kräfte treten innerhalb der Konstruktion auf? Wie verändern sich diese Kräfte zum einen bei Wind und Wetter, zum anderen bei verschiedenen Varianten des Aufbaus? Da uns diese Fragen schon lange im Geiste umtreiben haben wir mittel einiger Federwaagen die Größenordnungen dieser Kräfte experimentell gemessen.
Im folgenden seht ihr unseren Versuchsaufbau und die entsprechenden Ergebnisse. Sicherlich ist dies nicht repräsentativ für alle Jurten, aber es gibt einen verlässlichen Überblick über die Größenordnung der wirkenden Kräfte.
Die Kraft am Dach
Eine normale Jurte zieht mit 18 bis 30 daN (Dekanewton) am Seil. Das entspricht vereinfacht einer Last von 18 bis 30 Kilo, die am Seil hängen und welche die Mittelstütze (egal, ob mit einem, zwei oder drei Beinen aufnehmen muss. Der Wert ist abhängig von der Spannung, die du auf das Dach bringen willst. Unsere Erfahrung ist, dass bereits 20 Kilo Zug ausreichen, um das Dach so zu spannen, dass keine Wassersäcke entstehen.
Gemessen wurde dieser Wert an einem trockenen, etwas älteren Ganzdach mit Traufkante von Tortuga. Bei Wind und leichtem Regen ändern sich die Messwerte sich nur unwesentlich um +/- 10%.
In der Kette selbst teilt sich die Kraft in sechs Stränge auf. Es entstehen auch entsprechende Kräfte-Parallelogramme, mit dem Ergebnis, dass die Zugkraft an einer Öse etwa 7 bis 10 daN (oder eben Kilo) ausmacht.
Das Bild zeigt ein Jurtendach mit einer "Spannung" von 17 bis 18 Kilo
Die Kraft am Hering
Verschiedene Messungen mit einer Federwaage im Abspannseil ergaben Werte um 14 daN (oder Kilo) Zug zwischen Hering und Jurtendach. Leider konnten wir dies bisher nicht im Regen testen, es ist jedoch zu vermuten, dass dieser Wert aufgrund des Schrumpfens nasser Baumwolle höher wird.
Was bedeuten diese Messungen?
Wenn du nun in Betracht ziehst, welche Zugkräfte die verwendete Baumwolle aufnehmen kann (z.B. 80 daN bei dem Stoff Cotton Top KD38 von Ten Cate), dann ergibt sich bei der Abspannung ein sehr großer Spielraum mit bis zu 500% Sicherheit. Zumal an den belasteten Stellen die Jurtendächer oft durch Gurte oder aufgesetzte Stoffteile verstärkt sind. Bei Jurtendächern aus sechs Kohtenplanen fällt dies durch die Verbindung von zwei Planen mit je einer Öse oder Schlaufe noch besser aus.
An den Ösen des Daches ergibt sich ein noch besseres Verhältnis, mit über 800% bis 1000% Sicherheit. Dies ist sicherlich notwändig, um mit Schneelasten und unbeabsichtigten Wassersäcken umgehen zu können. Klar gilt es zu vermeiden, dass Schnee oder Wasser das Jurtendach nach unten drücken. Aus langjähriger Erfahrung wissen wir jedoch, dass die Jurtendächer große Mengen davon vertragen und meist der Hering im aufgeweichten Boden als erstes nachgibt, bevor das Material reißt.
Wie wirken sich "Aufbaufehler" aus?
Angeregt durch die Diskussion um die "Schiefe Jurte ", mit einem einzigen schrägen Mittelmast haben wir auch dazu einige Messwerte ermittelt. Die Annahme ist, die einzelne Mittelstange deutlich schräg zu stellen, um trotzdem noch in der Mitte ein Feuer machen zu können. Dadurch erhöht sich erwartungsgemäß die Last auf der einen Seite der Jurte.
Unsere Messwerte ergeben, dass die Federwaage in einem Kettenstrang statt 7 daN nun etwa 11 daN anzeigt. Die Federwaage im Aufziehseil allerdings zeigt kaum andere Werte als vorher an. Die Kraft, die auf den Hering wirkt erhöht sich auf 19 daN.
So zeigen sich in der Tat um bis zu 50% höhere Belastungen auf das Zeltmaterial, wenn der Mittelmast (extrem) schief steht. Trotzdem glauben wir, dass dies aufgrund der hohen Sicherheiten bei nicht gerade extremen Wetterlagen sehr gut vernachlässigt werden kann.