Was haben der Förster, sein Schäferhund, sein Mitarbeiter und dessen Knüppel sowie die zwei Polizisten in dünnen Jacken und leichten Schuhen wohl erwartet, als sie nach einer Stunde durch tiefen Schnee endlich vor unserer Jurte standen? Ihr aufgestauter Unmut weicht zusehends einem ungläubigen Staunen.
Wir sind hoch oben auf einem der Gipfel im Nordschwarzwald und haben unsere Jurte mit zwei Kohten als Satelliten aufgebaut. Vom Parkplatz her ist es fast eine Stunde zu Fuss durch den knietiefen Neuschnee zu unserem Lagerplatz. Dreimal sind wir den Weg hin und zurück gestapft, mit schweren Lasten auf dem Rücken. Kohten und Jurten, Gestänge und Feuertonne, Brennholz und Lebensmittel, alles tragen wir auf dem Rücken mittels den Tragegestellen von alten Rucksäcken den verschneiten Berg hinauf.
Der Förster ist entrüstet. Wir befänden uns mitten im Landschaftsschutzgebiet. Eigentlich nicht verwunderlich, denn es ist fast zu idyllisch auf der winterlichen Hochebene. Was wir uns denn nur gedacht hätten? Schon so einiges, er kann sich gerne unsere Feuerstelle im mitgebrachten Fass ansehen. Und den Haufen importierten Brennholz. Ob die Herren denn gerne einen warmen Tee hätten, wo es doch trotz der Sonne weit unter Null grad hat und die beiden Polizisten in ihrer leichten Bekleidung und den sicherlich nassen Füßen sichtlich kalt ist.
So ginge das nicht, wir müßten wieder gehen, meint der Förster. Die Polizisten nehmen unsere Personalien auf und mustern neugierig unseren Lagerplatz, der glücklicherweise sehr aufgeräumt und ordentlich wirkt. So ginge das wirklich nicht, meinen wir. All die Sachen kriegen wir heute nicht mehr so ohne weiteres vom Berg herunter. Und da ja schon alles steht, ob es denn nicht reichen würde, wenn wir morgen früh zusammenpacken und uns auf den mehrfachen Rückweg machen.
Na gut, das sei ein guter Kompromiss meint der Förster, aber dass wir ja nur alles sauber und ordentlich zurücklassen, er würde dies kontrollieren und im Zweifelsfall zur Anzeige bringen. Die Polizisten hören nur das Wort "Kompromiss" und rüsten sich schon zum Abmarsch in Richtung ihres warmen Reviers. Bestimmt gibt es dort auch trockene Schuhe. Wir versprechen, alles ordentlich zu verlassen, keinen Schaden anzurichten und im Laufe des morgigen Tages zu verschwinden.
Das hatten wir von Anfang auch so vor und wir haben nicht verraten, dass wir schon zwei wunderschöne Nächte hier verbracht haben, heute abend noch Sylvester feiern möchten und Neujahr wieder zuhause im Warmen sein wollen. Selbstverständlich gab es auch keine Böller um Mitternacht und kein sonstiges Getöse. Vielleicht etwas Gitarre und Gesang, viel heißes Fleischfondue und guten Wein.
Wir hätten dem Förster, seinem Schäferhund, seinem Mitarbeiter mit Knüppel und den beiden Polizisten auch was abgegeben, aber die waren im Dienst und froh wieder ins Warme zu kommen. Ebenfalls verschwiegen haben wir, dass wir auch die beiden Jahre vorher
hier unsere Sylvesternacht in der Jurte verbracht haben. Mal mit und mal
ohne Schnee, immer in grimmiger Kälte.
Aber falls einer der vier diesen Artikel mal lesen und sich an diese kühle Begegnung vor Jahren erinnern wird, so bitten wir um Entschuldigung. Wir haben stets in bester Absicht gehandelt, der Natur keinen Schaden zuzufügen und nichts zu hinterlassen. Es sind schöne Erinnerungen an eine schützenswerte Landschaft, die wir in uns tragen und die uns sicherlich mehr anspornen, diese Schöpfung zu bewahren, als wenn wir davon auf Lehrtafeln erfahren.