Foto: Kristina Ambrosch
Wie kann ein Zelt aus einem solchen Gewebe dicht sein? Die klassichen Nomadenzelte aus schwarzem Ziegenhaar haben so große Maschen, dass du zum einen den Himmel sehen kannst, Licht ins Zelt kommt und auch der Rauch des Lagerfeuers ohne weitere Öffnung abziehen kann. Wieso regnet es dann nicht genau so einfach in diese Zelt hinein?
Diese Frage hat Kristina Ambrosch mit ihrer Projektforschung Schwarzzelt ergründet. Vor allem ist es die Quellfähigkeit des Garns aus dem die Zelthaut gewoben wird. Dringt Wasser in das Garn ein, so leitet dies das Wasser in sich ab und quillt ein wenig auf. Weiterer Regen kann dadurch nicht in die Zelthaut eindringen, sondern fliesst oberflächlich ab.
Wichtigste Bestandteile bei diesem Vorgang sind der eigene Fettgehalt des Ziegenhaars und die Kapillarwirkung des daraus gewobenen Garns. So ausgerüstet hält dieses Material durchaus einen halben Tag starken Regen aus, nur darfst du es innen nicht berühren, da an dieser Stelle sonst die Dämme brechen und das Wasser sich eine Brücke nach innen schafft. die Folge ist eine Tropfenbildung an der berührten Stelle.
Der Rauch des Lagerfeuer bewirkt nach Kristina Ambrosch eine zusätzliche Imprägnierung auf der Zeltinnenseite und ersetzt dadurch auch das Fett, welches das Wind und Wetter ausgesetzte Ziegenhaar mit der Zeit verliert.
Was bedeuten diese Erkenntnisse nur für unsere Kohten und Jurten? Ebenso wie die klassischen Nomadenzelte sind unsere Schwarzzelte ebenfalls aus Naturmaterialien, welche die Fähigkeit besitzen, bei Aufnahme von Nässe zu quellen. In dem Fall ist es das Baumwollgarn, welches durch die Aufnahme von Wasser dicker und dadurch auch kürzer wird. Das Zelt strafft sich bei Nässe und lockert sich wieder, wenn es trocknet. Dies ist an der Spannung der Zeltplanen gut zu beobachten.
Die zusätzliche Imprägnierung des fettigen Ziegenhaars übernehmen nun allerdings technische Wachse, essigsaure Tonerede oder eigene Geheimrezepte. Auch hier trägt der Rauch des Lagerfeuers für eine konstante Auffrischung der Imprägnierung bei. Was unseren Schwarzzelten allerdings fehlt, ist der ständige Luftaustausch und Rauchabzug durch das lockere Gewebe. Die Baumwolle ist hier wesentlich dichter verwoben. Für unsere Region ist dies natürlich auch deutlich sinnvoller, denn unsere Regenschauer dauern schliesslich öfter mal länger, als nur einen halben Tag.
Als Fazit lässt sich nun schließen, dass Zelte mit einem Gewebe aus einer Naturfaser eine wesentlich geringere Wassersäule für die erforderliche Dichtigkeit benötigen. Die Baumwolle liegt hier bei 300 bis 400 mm. Beim Ziegenhaar geht dieser Wert sogar eher gegen Null. Moderne Nylonzelte arbeiten mit Wassersäulen um die 5.000 bis 10.000 mm, sobald jedoch die Beschichtung des Materials altert kann Wasser fast ungehindert eindringen. Dem Kunststoff fehlt die Fähigkeit aufzuquellen und in seinem eigenen Gewebe das Wasser abzuleiten.