Quelle: Sankt Georg Rüsthaus deutscher Jungen, Plauen i.V., Preisverzeichnis 1934
Im Preisverzeichnis von 1934 stellt das Sankt Georg - Rüsthaus deutscher Jungen zum ersten Mal ein zerlegbares Gestell für die Kohte, eine Kohtentür sowie die Jurte vor. Neben den Produkten und Preisen finden sich auch zwei ausführliche Texte zur Kohte und zur Jurte.
[quote]Die Tuchkohte
Wenn die Jungengruppen in sturm- und regenerfüllten Herbstnächten in den Zelten lagen, dann erwachte der Wunsch, die Zeltfahrten auch im Winter fortzuführen und keinen Winterschlaf zu beginnen. Träume von Zelten in meterhohem Schnee, pelzvermummten Wächtern und heulenden Schneestürmen konnten nicht Wirklichkeit werden, da die ersten Versuche mit Zeltbahnzelten mißlangen. Ohne Feuer im Zelt war eine Winternacht kaum durchzuführen.
In schwäbischen Jungengruppen entstand die erste Kohte und mit ihr wurde der Winter besiegt. Woher stammt die Kohte? Die letzten Nomaden Europas, die Lappen, bauen eine eigenartige Zeltkonstruktion, die wir in ähnlicher Form bei den Indianern, Eskimos, Kirgiesen und Samojeden finden. Diese Nomadenzelte sind kegelförmig, haben ein Rauchloch und werden von einer Stangenkonstrukion gehalten, die auf die deutschen Verhältnisse nicht übertragbar war. Nach vielen Versuchen entstand die Kohte als eine neue deutsche Zeltkonstruktion, die aus 2 Stützstangen. 2 Kreuzstäben und 8 Häringen gebaut wird.
Heute ist die Kohte längst keine Neuentdeckung mehr. Zu dem Leben vieler deutscher Jungengruppen gehört die Fahrt mit der Kohte, ein Beweis ihrer Echtheit und Zuverlässigkeit. Während andere Gruppen erst im April aufs "Anzelten" gehen, bringt die Kohte das Erlebnis einsamer Schneenächte und Winterlager. Die Kohte hat ihren Platz neben den Zeltbahnzelten erobert.
Wer die Kohte noch nicht kennt, darf sich kein bequemes Wochenendzelt darunter vorstellen. Zu ihr gehört ein Lebensstil, wie er in den guten Jungengruppen lebt. Zur Kohte gehört das erd- und waldverbundene Leben der Fahrtenjungen, die jahraus, jahrein ihre freien Sonntage in den Heimatwäldern verbringen. Wenn sie sich von schlechter Gesinnung und Großstadtnervosität fernhalten können, dann werden die Jungengruppen in der schwarzen Kohte die echtesten und tiefsten Stunden ihrer Kameradschafterleben.
Der Aufbau der Kohte: Die vier Kohtenstücke werden mit den Längsseiten zusammengeknüft. Für das Gerüst werden zwei Stützstangen gebraucht, die sehr stark sein müssen und etwa 4 bis 5 Meter lang sein können. Die Enden ragen dann über das Kreuz hinaus. An ihnen kann dann die Flaggenleine angebracht werden. Die Kreuzstäbe müssen das Rauchloch auseinanderspannen, sie sind etwa 1 Meter lang. Die zusammengeknüpfte Kohte wird auf dem Boden ausgebreitet, an die 8 Ecken gehen 9 Pimpfe mit Häringen und halten fest. Die Kreuzstäbe werden nun von innen in das Rauchloch eingespannt und festgeschnürt. Nun werden die Stützstangen eingeführt und mit dem unteren Kreutstab in einer Höhe von etwa 1,50 Meter verschnürt. Durch das Senkrechterstellen der Stützstangen wird die Kohte gestrafft.
Das Kohtenornament: Kohten werden mit Ornamentstreifen geschmückt. Ein 30 cm breiter Rohleinenstreifen wird im Abstand von 50 cm von den unteren Kanten auf das Kohtenstück aufgenäht. Die Bemalung wird am besten mit Hilfe von Pappschablonen vorgenommen. Sie soll sachgemäß und künstlerisch einwandfrei sein.
Andere Zeltformen aus Kohtenstücken lassen sich aus zwei und drei Kohtenstücken bauen. Ein Großzelt aus einer Kombination von Kohtenstücken und Zeltbahnen stellt die Jurte dar, deren Aufbau wir auf der nächsten Seite zeigen.[/quote]
Es folgen die Preise der Kohte und ihrer Bestandteile. Ein Kohtenstück aus besonders schwerem, schwarzem, imprägnierten Zeltbahnstoff kostet einzeln 18,- RM. Die leichtere Ausführung kostet nur 15.80 RM. Eine komplette Kohte (vier Kohtenstücke) kostet 68,- RM bzw. 55,20 RM.
Zusätzlich angeboten wird eine Kohtentür. Diese ist unten etwa 85 cm breit, mit drei Bambusquerstäben und wird zwischen zwei Kohtenstücke eingeknüpft.
Ebenfalls gibt es Ornamentstreifen, schwarze Zeltbahnen und für die Winterkohte große Schlafsäcke aus Schaffell sowei einzelne Schaffelle.
Das Kohtengestell wird als achteiliges, kräftiges und zerlegbares Gestell aus Bamubs beschrieben. Es soll nur etwa 4 bis 5 kg wiegen und sich in elf Teile zerlegen lassen. Es könne dann bequem von den Jungen im Tornister mitgeführt werden, steht im vorliegenden Preisverzeichnis.
Eine komplette Jurte wird 1934 zu dem Sonderpreis von 186,- RM aufgeführt. Der folgende Text stellt diese neue Zeltform dar.
[quote]Die Jurte
Eine Zeltkonstruktion, die Kohtenstücke und Zeltbahnen vereinigt, ist die Jurte. 6 Kohtenstücke und 12 (schwarze) Zeltbahnen werden gebraucht, die in einem Ring zusammengeknöpft werden, wie es aus dem Bild ersichtlich ist. Als Gerüst werden zwei große Masten, 3 kurze Stangen als Kreuz fürs Rauchloch, 12 Stützstangen (3 zusammengesteckte Zeltstäbe) für die Seitenwände (die eine halbe Zeltbahnlänge hoch sind) und 24 Häringe verwandt. Zuerst werden die 12 Häringe eingesteckt, welche die Ecken der Zeltbahnen am Boden festhalten. Sie liegen genau senkrecht unter den Kohtenecken. Nun werden die 2 Stützstangen, die an ihrem Kreutzungspunkt verschnürt sind, aufgerichtet und mit dem Rauchlochkreuz verschnürt. Zu gleicher Zeit werden die 12 Stützstäbe der Seitenwände eingesteckt, an der Spitze durch die Löcher der Zeltbahnen gesteckt und mit Schnüren angespannt. Durch ständiges Senkrechterstellen der Stützmasten und Anziehen der Spannleinen wird die Jurte straff gespannt. Die Jurte hat einen Durchmesser von etwa 7 Meter, in der Mitte eine Höhe von etwa 2,20 m. Als Versammlungszelt mit Feuer reicht ihr Raum für etwa 100 Jungen, als Schlafzelt für etwa 70 Jungen. Auf großen Zeltlagern wird die Jurte die schönste Großzeltkonstruktion darstellen. Da ein großes Zeltfeuer gemacht werden kann, ist sie bei jeder Witterung brauchbar.[/quote]
Die genannte Größe der Jurte bezweifeln wir allerdings stark. Das Kantenmaß der Kohtenstück war schon zu Beginn das gleiche wie heute. Dies ergäbe auch den gleichen Durchmesser wie heute von ca. 610 cm.
Auch die Anzahl der Plätze in der Jurte scheint uns stark übertrieben, zumal die Jurte nur mit der halben Höhe der Zeltbahnen, also mit 80 cm Seitenhöhe angegeben ist.