O wie wohl ist mir am Abend: Unterschied zwischen den Versionen

Zeile 23: Zeile 23:
Das Werk wird häufig dem Lehrer und Komponisten [[Karl Friedrich Schulz (Komponist)|Karl Friedrich Schulz]] (1784–1850) zugeschrieben. In der Tat findet sich der älteste bekannte Nachweis des Liedes in dessen ''Gesanglehre.''<ref>Karl Schulz: ''Leitfaden bei der Gesanglehre nach der Elementarmethode.'' 3. Auflage. Darnemann, Leipzig/Züllichau/Freistadt 1824, S. 66</ref> Ob Schulz tatsächlich auch der Autor des Liedes ist, ist aber nicht gesichert. Die gelegentlich zu findende Zuschreibung an den Gewandhauskapellmeister [[Johann Philipp Christian Schulz]] (1773–1827) beruht offenbar auf einer Namensverwechslung. Ein Abdruck des Liedes bei [[Johann Daniel Elster]] (1796–1857) erfolgte erst 1846,<ref>Daniel Elster: ''Schweizerische Volks-Gesangschule. Theoretisch-praktisches Lehrbuch für Lehrende und Lernende.'' Zehnder, Baden 1846, S. 233</ref> über 20 Jahre nach dem ältesten Nachweis.
Das Werk wird häufig dem Lehrer und Komponisten [[Karl Friedrich Schulz (Komponist)|Karl Friedrich Schulz]] (1784–1850) zugeschrieben. In der Tat findet sich der älteste bekannte Nachweis des Liedes in dessen ''Gesanglehre.''<ref>Karl Schulz: ''Leitfaden bei der Gesanglehre nach der Elementarmethode.'' 3. Auflage. Darnemann, Leipzig/Züllichau/Freistadt 1824, S. 66</ref> Ob Schulz tatsächlich auch der Autor des Liedes ist, ist aber nicht gesichert. Die gelegentlich zu findende Zuschreibung an den Gewandhauskapellmeister [[Johann Philipp Christian Schulz]] (1773–1827) beruht offenbar auf einer Namensverwechslung. Ein Abdruck des Liedes bei [[Johann Daniel Elster]] (1796–1857) erfolgte erst 1846,<ref>Daniel Elster: ''Schweizerische Volks-Gesangschule. Theoretisch-praktisches Lehrbuch für Lehrende und Lernende.'' Zehnder, Baden 1846, S. 233</ref> über 20 Jahre nach dem ältesten Nachweis.


Die Melodie geht auf ältere Vorlagen zurück. Das melodische Modell findet sich auf den Text ''Ubi est spes mea?'' („Wo ist meine Hoffnung?“) in einem liturgischen Drama, das in einem [[Prozessionale]] des 14. Jahrhunderts überliefert ist.<ref>[[Anselm Schubiger]]: ''Musicalische Spicilegien'' (= ''Publikation älterer praktischer und theoretischer Musikwerke des 15. und 16. Jahrhunderts.'' Band 5). Liepmannsohn, Berlin 1873, S. 21 f. ({{Digitalisat|IA=publikationlte05gese|SZ=22}}).</ref><ref>Wilhelm Tappert: ''Wandernde Melodien. Eine musikalische Studie.'' 2. Auflage. Brachvogel & Ranft, Berlin 1889, S. 7–10 ({{Digitalisat|IA=wanderndemelodi01tappgoog|SZ=n18}}).</ref><ref>[[Hans Renner (Musikschriftsteller)|Hans Renner]]: ''Grundlagen der Musik''. Reclam, Stuttgart 1953, S. 85. Neuausgabe: Schott, Mainz 2003, ISBN 3-254-08367-9, S. 94&nbsp;f.</ref><ref>Kurt Schilling: ''Die Kunst: Bedeutung, Entwicklung, Wesen, Gattungen.'' A. Hain, Meisenheim 1961, S. 168 ({{Google Buch|BuchID=EkpaAAAAYAAJ|Seite=168|Hervorhebung="ubi est spes mea"}}).</ref> Im 16. Jahrhundert wurde dieser Melodie der Choral ''Mein lieber Herr, ich preise dich'' unterlegt.
Die Melodie geht auf ältere Vorlagen zurück. Das melodische Modell findet sich auf den Text ''Ubi est spes mea?'' („Wo ist meine Hoffnung?“) in einem liturgischen Drama, das in einem [[Prozessionale]] des 14. Jahrhunderts überliefert ist.<ref>[[Anselm Schubiger]]: ''Musicalische Spicilegien'' (= ''Publikation älterer praktischer und theoretischer Musikwerke des 15. und 16. Jahrhunderts.'' Band 5). Liepmannsohn, Berlin 1873, S. 21 f. ({{Digitalisat|IA=publikationlte05gese|SZ=22}}).</ref><ref>Wilhelm Tappert: ''Wandernde Melodien. Eine musikalische Studie.'' 2. Auflage. Brachvogel & Ranft, Berlin 1889, S. 7–10 ({{Digitalisat|IA=wanderndemelodi01tappgoog|SZ=n18}}).</ref><ref>[[Hans Renner (Musikschriftsteller)|Hans Renner]]: ''Grundlagen der Musik''. Reclam, Stuttgart 1953, S. 85. Neuausgabe: Schott, Mainz 2003, ISBN 3-254-08367-9, S. 94&nbsp;f.</ref><ref>Kurt Schilling: ''Die Kunst: Bedeutung, Entwicklung, Wesen, Gattungen.'' A. Hain, Meisenheim 1961, S. 168</ref> Im 16. Jahrhundert wurde dieser Melodie der Choral ''Mein lieber Herr, ich preise dich'' unterlegt.


Auch [[Arcangelo Corelli]] verwendet in der ''[[Pastorale (Musikstück)|Pastorale]]'' seines „Weihnachtskonzerts“ ''Fatto per la notte di Natale'' g-Moll op. 6 Nr. 8 (1714) ein [[Thema (Musik)|Thema]], das auf diesem Melodietypus basiert.<ref>{{YouTube|9ywBhi99Mxo|Arcangelo Corelli: Concerto grosso op. 6 Nr. 8: VI. Pastorale}}</ref>
Auch [[Arcangelo Corelli]] verwendet in der ''[[Pastorale (Musikstück)|Pastorale]]'' seines „Weihnachtskonzerts“ ''Fatto per la notte di Natale'' g-Moll op. 6 Nr. 8 (1714) ein [[Thema (Musik)|Thema]], das auf diesem Melodietypus basiert.<ref>{{YouTube|9ywBhi99Mxo|Arcangelo Corelli: Concerto grosso op. 6 Nr. 8: VI. Pastorale}}</ref>


Im slawischen Raum lebte die Melodie in anderer [[Rhythmus (Musik)|rhythmischer]] Gestalt als [[Kroatien|kroatisches]] Volkslied weiter, das in [[burgenlandkroatisch]]en Gebieten in verschiedenen Textfassungen unter dem Titel „Stal se jesem“ („Ich bin aufgestanden“) gesungen wurde. Dieses diente [[Joseph Haydn]] 1797 als Vorlage zur [[Österreichische Kaiserhymnen|österreichischen Kaiserhymne]] ''Gott erhalte Franz, den Kaiser'' ([[Hoboken-Verzeichnis|Hob]] XXVIa:43).<ref>Hans Renner: ''Geschichte der Musik''. 8. Auflage. DVA, Stuttgart 1985, ISBN 3-421-06244-7, S. 345: „[Haydns] letztes schönstes Lied, die Weise zu ‚Gott erhalte Franz den Kaiser‘&nbsp;[…] hat eine weitverzweigte Ahnenreihe, die sich bis auf ein uraltes böhmisches Prozessionslied zurückführen lässt.“ ({{Google Buch|BuchID=0QovAQAAIAAJ|Seite=345|Hervorhebung=Prozessionslied}}).</ref> 1841 dichtete [[August Heinrich Hoffmann von Fallersleben|Hoffmann von Fallersleben]] zu Haydns Melodie die Verse des ''[[Lied der Deutschen|Lieds der Deutschen]],'' das heute als [[deutsche Nationalhymne]] dient.
Im slawischen Raum lebte die Melodie in anderer [[Rhythmus (Musik)|rhythmischer]] Gestalt als [[Kroatien|kroatisches]] Volkslied weiter, das in [[burgenlandkroatisch]]en Gebieten in verschiedenen Textfassungen unter dem Titel „Stal se jesem“ („Ich bin aufgestanden“) gesungen wurde. Dieses diente [[Joseph Haydn]] 1797 als Vorlage zur [[Österreichische Kaiserhymnen|österreichischen Kaiserhymne]] ''Gott erhalte Franz, den Kaiser'' ([[Hoboken-Verzeichnis|Hob]] XXVIa:43).<ref>Hans Renner: ''Geschichte der Musik''. 8. Auflage. DVA, Stuttgart 1985, ISBN 3-421-06244-7, S. 345: „[Haydns] letztes schönstes Lied, die Weise zu ‚Gott erhalte Franz den Kaiser‘&nbsp;[…] hat eine weitverzweigte Ahnenreihe, die sich bis auf ein uraltes böhmisches Prozessionslied zurückführen lässt.“</ref> 1841 dichtete [[August Heinrich Hoffmann von Fallersleben|Hoffmann von Fallersleben]] zu Haydns Melodie die Verse des ''[[Lied der Deutschen|Lieds der Deutschen]],'' das heute als [[deutsche Nationalhymne]] dient.


== Inhalt und Form ==
== Inhalt und Form ==
19.711

Bearbeitungen