Schwarzzelte im Unwetter
Im Sommer 2013 werden mehrere kleinere Veranstaltungen und auch zwei große Zeltlager mit über 2.000 Personen von sehr starken Unwettern überrascht. Folgender Artikel soll dazu beitragen möglichst sichere Schwarzzelte zu bauen, so das niemand durch deren Betrieb zu Schaden kommt.
Wie entstehen extreme Wettersituationen?
Extreme Wettersituationen scheint es auch in unseren Breiten immer häufiger zu geben. Insbesondere zählen hierzu plötzliche Gewitter im Sommer mit starken Fallwinden und Hagel. Hierzu gibt es in der Wikipedia ausführliche Informationen.
Welche Maßnahmen dienen zur Sicherung von Schwarzelten?
das richtige Material verwenden
Das System für Kohte und Jurte besteht aus hochwertigen Zeltplanen. Beim Zubehör trennt sich oft die Spreu vom Weizen. Hier gilt es darauf zu achten, auch das richtige Material zu verwenden.
Heringe
Bei normalen Wetterlagen und festem Boden reicht ein T-Profil-Hering mit 30 cm Länge gut aus. Bei extermen Wetterlagen sind selbst 50 cm schon knapp bemessen. Bei größeren Konstruktionen sollten eher Pflöcke mit 80 bis 100 cm Länge verwendet werden, um diese sicher am Boden zu fixieren.
Seile
Flechtschnüre aus Polypropylen mit 6 mm sind ausreichend stark, um eine Jurte abzuspannen. Allerdings mindert jeder Knoten, jede Kante am Hering die Festigkeit des Seiles immens. Ein Knoten reduziert die Bruchfestigkeit etwa um die Hälfte, eine scharfe Kante am Hering kann ein Seil unter Zug einfach zerschneiden.
Rollen
Bei einer einfachen Jurte sollte eine Seilrolle mindestens 200 kg aushalten.
Seitenstangen
Die Windlast bei einer Jurte geht voll zu Lasten der Seitenstangen. Optimal werden hier Holzstangen verwenden (keine astigen Dachlatten). Eine Fichtenstang mit ca. 5 cm Durchmesser oder Kastanie mit 4 bis 6 cm hält der Last von orkanartigen Böen durchaus stand, während eine Metallstange bereits verbiegt oder gar abknickt. Insbesondere Stangen mit einem Durchmesser kleiner 25 mm sind hier gefährdet.
regelmäßige Kontrolle des Materials
Wenn Zeltmaterial benutzt wird, verschleißt es auch mit der Zeit. Und selbst bei der sorgsamsten Lagerung können Schäden (z.B. durch Feuchtigkeit) entstehen. Deswegen ist es wichtig, das Material immer wieder zu sichten, zu kontrollieren und bei Bedarf auch zu reparieren oder gar auszutauschen.
Nur bei einwandfreiem Material kannst du ein Optimum an Sicherheit erreichen.
häufige Mängel
- beschädigte Zeltplanen
- ausgrissene Knopflöcher
- fehlende Knöpfe oder Schlaufen
- ausgerissene Ösen
- spröde, brüchige Stoffe (z.B. wegen Schimmel)
- beschädigte Seile
- Scheuerstellen
- feucht gelagerte Hanfseile
- überdehnte Seile
- defekte Heringe
- lose Bolzen
- angerissene Schweißnähte
- scharfe Kanten
korrekter Aufbau
Nur wenn ein Zelt korrekt aufgestellt ist, erreicht es seine beste Standfestigkeit. Eine Jurte kann z.B. Starkwinden von 100 km/h überstehen, wenn Sie mit den richtigen Heringen und Seilen abgespannt ist. Ebenso kann sie Starkregen aushalten, wenn das Jurtendach so aufgespannt ist, dass sich keine Wassersäcke bilden können.
Wie wirken Starkwinde und Sturmböen auf Kohte und Jurte?
Berechnung von Richard Kilgus:
Windlast w = qw *cp
- qw=0,5 kN/m² für Gebäude bis 8 m Höhe
- cp=1,3 für Windruck + Windsog auf das gesamte Bauwerk bei geschlossenen Gebäuden
- ist das Gebäude einseitig offen erhöht sich der Wert (d.h. bei Sturm Zelte immer schließen)
ein Zelt ist kein ständiges sondern ein 'fliegendes' Bauwerk, da könnte es eine Abminderung geben
willst du nicht das Gebäude (Zelt) als ganzes, sondern nur eine Außenwand nachrechnen, dann hast du auf der einen Seite Winddruck cp=0,8 und auf der anderen Seite Windsog cp=0,6
eine Sechser-Jurte hat einen Durchmesser (Breite der Windangriffsfläche) von b=6,0 m und eine Höhe von etwa 1,6+0,6 = 2,2 m = h (mit Seitenwand 1,6 m)
die Windlast ist dann auf das ganze geschlossene Zelt qw * cp * b * h = 0,5 kN/m² * 1,3 * 6 m * 2,2 m = 8,6 kN = 860 kg
in den Lagertechnik-Seminaren empfehle ich immer Sturmabspannungen einzubauen ..
- bei Kohten mit 2 Stangen: zusätzlich die beiden Stangen mit Seilen abzuspannen
- bei allen Jurten: die Aufstellstange mit 3 bis 4 Seilen zusätzlich abzuspannen, dann hängt die Last nicht am Kohtenstoff.
1 KN sind etwa 100 kg
Wie wirkt Starkregen auf Kohte und Jurte?
Wie wirkt sich Hagel auf Kohte, Jurte und Jurtenburgen aus?
In der Landwirtschaft werden seit mehreren Jahren sogenannte Hagelschutznetze verwendet.
Im Forum von Outdoorseiten ist man sich einig, dass Hagel im allgemeinen keine Gefahr für Zelte darstellt.
Einflüsse auf einzelne Bestandteile
Bei einem Seil reduziert sich die Bruchlast durch Knoten die Bruchlast um ca. 50%. Bei einem Abspannseil kommen in der Regel noch Seilspanner und Hering hinzu, welche mit Ihren Kanten Einfluss auf die Festigkeit des Seiles haben.
http://de.wikipedia.org/wiki/Knotenfestigkeit
Erfahrungsberichte
Philipp B.
Großes Ringlager vor etwa 7 Jahren. Abends zog ein Sturm auf, in der Dämmerung knöpften wir alle Kohten sorgfältig zu, während es gerade zu regnen begann. Die Lage spitzte sich zu, als alle beim Singen in der Jurte ums Feuer saßen. Während die Sturmböen immer stärker wurden wurde die Jurte nochmal nachgespannt und zugeknöpft. Keine 10 Sekunden später lag das fast neue Großjurtendach im Feuer und der Mast auf Arndt, denn glücklicherweise konnte er ihn noch abfangen bevor jemand getroffen wurde. Letztendlich waren wir uns einig, dass unsere Abspannseile zu steil gespannt waren. Das Dach konnte sich dadurch verdrehen und hat dabei viele Heringe heraus gezogen. Ähnliches passierte ungeahnt letztes Jahr, inzwischen haben wir daraus gelernt und spannen jetzt immer an einigen Stellen quer über Kreuz zu benachbarten Heringen ab. Dies hat immer sehr gut geholfen.