Rabenballade: Unterschied zwischen den Versionen

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Ein erschlagener Ritter seit heute Nacht,
Ein erschlagener Ritter seit heute Nacht,
Und niemand sah ihn im Waldesgrund,
Und niemand sah ihn im Waldesgrund,
Als sein Lieb 1) und sein Falke 2) und sein Hund.
Als sein Lieb und sein Falke und sein Hund.


Sein Hund auf neue Fährte geht,
Sein Hund auf neue Fährte geht,
Sein Falk auf frische Beute späht,
Sein Falk auf frische Beute späht,
Sein Lieb ist mit ihrem Buhlen 3) fort, –
Sein Lieb ist mit ihrem Buhlen fort, –
Wir können in Ruhe speisen dort.«
Wir können in Ruhe speisen dort.«


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»Manch einer wird sprechen: Ich hatt' ihn lieb!
»Manch einer wird sprechen: Ich hatt' ihn lieb!
Doch keiner wird wissen, wo er blieb,
Doch keiner wird wissen, wo er blieb,
Und hingehn über sein bleich Gebein 4)
Und hingehn über sein bleich Gebein
Wird Wind und Regen und Sonnenschein.«
Wird Wind und Regen und Sonnenschein.«
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Theodor Fontane (1855)
Theodor Fontane (1855)

Version vom 30. Juni 2018, 19:02 Uhr

Die zwei Raben

Ich ging über's Heidemoor allein,
Da hört ich zwei Raben kreischen und schrein;
Der eine rief dem andern zu:
»Wo machen wir Mittag, ich und du?«

»Im Walde drüben liegt unbewacht
Ein erschlagener Ritter seit heute Nacht,
Und niemand sah ihn im Waldesgrund,
Als sein Lieb und sein Falke und sein Hund.

Sein Hund auf neue Fährte geht,
Sein Falk auf frische Beute späht,
Sein Lieb ist mit ihrem Buhlen fort, –
Wir können in Ruhe speisen dort.«

»Du setzest auf seinen Nacken dich,
Seine blauen Augen, die sind für mich,
Eine goldene Locke aus seinem Haar
Soll wärmen das Nest uns nächstes Jahr.«

»Manch einer wird sprechen: Ich hatt' ihn lieb!
Doch keiner wird wissen, wo er blieb,
Und hingehn über sein bleich Gebein
Wird Wind und Regen und Sonnenschein.«

Theodor Fontane (1855)